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Stellungnahme des KOBV Österreich
Zum Sozialrechts-Änderungsgesetz 2015
GZ: BMASK-21119/0004-II/A/1/2015

Allgemeines:

Grundsätzlich wird angemerkt, dass eine Stellungnahmefrist von nicht einmal 14 Tagen demokratiepolitisch äußerst bedenklich ist. Es wird dadurch der Eindruck erweckt, dass Stellungnahmen ohnehin nicht gewünscht sind und die Bereitschaft, diese zu berücksichtigen nicht gegeben ist. Wir machen dennoch von unserem Recht Gebrauch, eine Stellungnahme zur geplanten Gesetzesänderung abzugeben. Gefordert wird jedoch, in Zukunft wieder eine angemessene (d.h. rund 8wöchige) Frist für die Abgabe von Stellungnahmen einzuräumen.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Art. 1 Änderungen des ASVG/Teil 2 (BMG):

Zu Z 2/§ 8 Abs. 1 Z 3 lit. k ASVG:


Die Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes auf die LaienrichterInnen, die am Bundesverwaltungsgericht, am Bundesfinanzgericht und an den Landesverwaltungsgerichten tätig sind, wird ausdrücklich begrüßt. Nicht nachvollziehbar ist, warum im Gesetzestext abweichend von den Erläuterungen eine Einschränkung auf fachkundige LaienrichterInnen „in Arbeits- und Sozialrechtssachen“ vorgenommen wurde. Die Textpassage „in Arbeits- und Sozialrechtssachen“ ist zu streichen, um allen LaienrichterInnen der genannten Gerichte einen Unfallversicherungsschutz zu gewähren.

Zu Z 5/§ 16 Abs. 2 a und Z 30/§ 124 Abs. 1 ASVG:

Die Schaffung eines sofortigen Zuganges zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung für zuvor nach dem GSVG oder dem BSVG versicherte Personen, die ein behindertes Kind pflegen sowie der Entfall der dreimonatigen Wartezeit für die Inanspruchnahme von Leistungen aus der Krankenversicherung werden ausdrücklich begrüßt.

Zu Z 6/§ 16 Abs. 2 b, Z 21/§ 76 Abs. 1 Z 3 und Z 22/§ 77 Abs. 7 ASVG:

Die Verbesserung bei der Selbstversicherung in der Krankenversicherung für Personen, die einen nahen Angehörigen mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 pflegen, wird ebenfalls ausdrücklich begrüßt.

Zu Z 10/§ 28 Z 2 lit. i ASVG:

Gegen die generelle Übertragung der Zuständigkeit für die Vollziehung der Teilversicherung in der Unfallversicherung für Personen mit Behinderung, die in den Einrichtungen der Beschäftigungstherapie tätig sind, an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt besteht kein Einwand.

Zu Z 35/§ 139 Abs. 2 a ASVG:

Die Absicht, für Personen, die sich trotz langen Krankenstandes noch in einem Dienstverhältnis befinden, eine Versorgungslücke während eines Pensionsverfahrens wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zu schließen, ist grundsätzlich sehr zu begrüßen. Die bloße Schaffung einer Satzungsermächtigung ist jedoch in keiner Weise ausreichend. Gefordert wird daher die Schaffung eines Rechtsanspruches auf Gewährung eines Krankengeldes in der zuletzt bezogenen Höhe bis zur rechtskräftigen Beendigung des Pensionsverfahrens vor den ordentlichen Gerichten.

Ergänzende Forderung zum Pensionsvorschuss gem. § 23 AlVG:

Durch die Änderungen beim Pensionsvorschuss kommt es aber auch für arbeitslose Personen immer wieder zu inakzeptablen Härtefällen dahingehend, dass Betroffene auf eine gerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichten müssen, weil sie sich diese schlichtweg nicht mehr leisten können, da sie sonst für die Dauer des Verfahrens ohne Einkommen und ohne Krankenversicherung dastehen würden. Die vorschussweise Genehmigung von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe setzt voraus, dass mit der Zuerkennung einer Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist. Mit der Zuerkennung ist dann zu rechnen, wenn ein Gutachten zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit erstellt wurde und auf Grund des Gutachtens der Pensionsversicherungsanstalt oder ab 1.1.2016 neu auf Grund eines gerichtlichen Gutachtens anzunehmen ist, dass Arbeitsfähigkeit nicht vorliegt. Die Novellierung dieser Bestimmung erscheint in keiner Weise ausreichend, da auch während des gerichtlichen Verfahrens ein Pensionsvorschuss nur geleistet wird, wenn ein entsprechendes Gutachten vorliegt. Gefordert wird daher, den Pensionsvorschuss wieder unabhängig von einem Gutachten, das die Arbeitsunfähigkeit bestätigt, für die Dauer bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Pensionsantrag zu gewähren.

Zu Z 36/§ 143 a Abs. 2 ASVG:

Wie in den Erläuterungen ausgeführt, kann nach der derzeitigen Regelung zur Berechnung des Rehabilitationsgeldes auch eine geringfügige Beschäftigung herangezogen werden, da nicht auf die letzte krankenversicherungspflichtige Tätigkeit abgestellt wird. Die Änderung dahingehend, dass immer jene Erwerbstätigkeit zur Berechnung des Rehabilitationsgeldes herangezogen werden soll, die eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet hat, wodurch in der Regel ein höheres Rehabilitationsgeld gewährleistet wird, wird daher sehr begrüßt. Um allfällige soziale Benachteiligungen von bereits betroffenen RehabilitationsgeldbezieherInnen zu vermeiden, sollte diese Regelung aber rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

Ergänzende Forderung:

Der Bezug von Rehabilitationsgeld wird beim Berufsschutz (§ 255 Abs. 2 ASVG, § 273 Abs. 1 ASVG) und beim Tätigkeitsschutz nach § 255 Abs. 4 ASVG dahingehend berücksichtigt, dass der jeweilige Rahmenzeitraum um höchstens 60 Monate des Bezuges von Rehabilitationsgeld verlängert wird.

Betroffene, für die mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt die vorübergehende Berufsunfähigkeit und die Notwendigkeit medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen festgestellt wurde, die sich jedoch nicht in Österreich aufhalten und für die auf Grund europarechtlicher Bestimmungen bzw. Regelungen in den Sozialversicherungsabkommen Österreich nicht für Leistungen bei Krankheit zuständig ist, erhalten tatsächlich jedoch kein Rehabilitationsgeld aus der österreichischen Krankenversicherung. Dass diese Zeiten derzeit für den Berufs- und Tätigkeitsschutz keine Berücksichtigung finden, stellt eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung dar.

Es wird daher angeregt, eine Änderung dahingehend vorzunehmen, dass diese festgestellten Zeiten der vorübergehenden Berufsunfähigkeit und der Notwendigkeit medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen ebenfalls zu einer entsprechenden Erstreckung der Rahmenzeiträume für den Berufsschutz und Tätigkeitsschutz führen.

Zu Art. 13 Heeresentschädigungsgesetz:

Grundsätzliche Anmerkungen:

Beabsichtigt ist, künftig die geschädigten Präsenzdiener und sonstigen Anspruchsberechtigten den gesetzlich Unfallversicherten gleich zu stellen und nach dem HEG Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung von der AUVA zuzuerkennen. Ebenso soll die AUVA künftig auch für die Abwicklung der diversen gesetzlichen Leistungsansprüche der bereits nach dem HVG anerkannten Anspruchsberechtigten zuständig sein, wobei bereits bestehende Ansprüche gewahrt werden sollen. Ziel dieser gesetzlichen Änderungen ist, Einsparungen im Verwaltungsbereich zu erreichen.

Wir begrüßen Maßnahmen im Interesse eines effizienten und ökonomischen Verwaltungshandelns, halten jedoch grundsätzlich fest, dass es durch die gegenständliche Reform zu keinen Verschlechterungen für geschädigte Präsenzdiener und andere anspruchsberechtigte Personen kommen darf.

In Anbetracht der Tatsache, dass es – wie auch aus der Stellungnahme der AUVA hervorgeht – offensichtlich Divergenzen bei den Zuständigkeiten (Administration der Pflege- und Blindenzulagen) bzw. trotz des Vorhabens, Einsparungseffekte zu erzielen, beabsichtigte Doppelgleisigkeiten im Verwaltungsbereich (weitere Zuständigkeit des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen im Bereich der Heilfürsorge) gibt und keine Einigkeit über den versorgungsberechtigten Personenkreis (§ 1 Abs. 6 HEG Entschädigung von Zivilpersonen) herrscht, schlagen wir vor, diese doch für die geschädigten Präsenzdiener und sonstigen Anspruchsberechtigen sehr maßgebliche Reform aufzuschieben, um die Änderungen im Detail und dem Grundsatz der Partizipation folgend unter Einbeziehung unseres Verbandes als Interessenvertretung der Versorgungsberechtigten nach dem KOVG und dem HVG zu klären und festzulegen.

Zu den einzelnen Bestimmungen des HEG:

Zu Art. I (§§ 1 bis 9 HEG):

Art. I enthält die anspruchsberechtigten Personen, die schädigenden Sachverhalte, die in Betracht kommenden Entschädigungsleistungen sowie sonstige allgemeine Bestimmungen.

Ergänzend wird die Aufnahme nachstehender Regelungen gefordert:

Gemäß § 8 Abs. 2 HVG iVm § 11 Abs. 2 HVG besteht für Beschädigte, die keinen Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung haben, dennoch der Anspruch, ein Krankengeld zu beziehen. Dieser Anspruch sollte auch für künftig nach dem HEG Anspruchsberechtigte übernommen werden.
Auch die Bestimmung des § 56 Abs. 5 HVG , wonach eine Herabsetzung der für die Höhe der Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht zulässig ist, wenn der Beschädigte das 50. Lebensjahr vollendet hat, sollte beibehalten werden.

Eine vorläufige Versehrtenrente im Sinne des § 209 ASVG war im HVG nicht vorgesehen, und sollte die Anwendung des § 209 ASVG im Bereich des HEG ausgeschlossen werden.

Zu Art. II (Übergangsrecht):

Zu § 10 Abs. 1 HEG:

Sehr wesentlich ist, dass die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes individuell festgestellten Ansprüche und eingeräumten Berechtigungen gewahrt bleiben.

Zu § 18 Abs. 3 HEG:

Bei Beschädigten, die zum 30.6.2016 das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben und auf Grund ihrer Rentenbezugsdauer die Voraussetzungen des § 56 Abs. 5 HVG erfüllten, soll die Herabsetzung der für die Höhe der Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr zulässig sein. Wie bereits oben ausgeführt, wird gefordert, die Bestimmung des § 56 Abs. 5 HVG auf Dauer in das HEG zu übernehmen. Die Einschränkung, dass die Beschädigten zum 30.6.2016 das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, ist daher zu streichen.

Zu § 19: HEG:

Dass bei einer Neufeststellung einer Rente mit einer MdE von mindestens 70 vH über eine Zusatzrente gemäß § 205 a Abs. 1 Z 2 ASVG zu entscheiden ist, ist richtig und zu begrüßen. Da eine entsprechende Zusatzrente im HVG bisher nicht vorgesehen war, wird ergänzend gefordert, den Anspruchsberechtigten nach dem HVG, die zum 30.6.2016 bereits eine MdE von 70 vH hatten, von Amts wegen ab 1.7.2016 eine Zusatzrente gemäß § 205 a Abs. 1 Z 2 ASVG zuzuerkennen.

Zu § 23 Abs. 2 HEG:

Dass für die im Abs. 1 genannten Dauerleistungen grundsätzlich Neubemessungen, insbesondere auch bei Änderungen im Gesundheitszustand, nicht mehr zulässig sein sollen, wird ausdrücklich abgelehnt. Es muss jedenfalls vorgesehen werden, dass Anträge und Erhöhungsanträge auf gesundheitsbedingte Dauerleistungen bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Anspruchsberechtigten weiterhin möglich sind, um soziale Härten und Benachteiligungen der Betroffenen zu vermeiden.

Zu § 25 Abs. 1 HEG:

Die Regelung, dass Neubemessungen von einkommensabhängigen Leistungen nicht mehr durchgeführt werden, wird abgelehnt. Gefordert wird, eine Änderung dahingehend, dass bei maßgeblichen Änderungen der Einkommensverhältnisse ein Antrag auf Neubemessung weiterhin möglich ist.

Zu den §§ 27 und 28 und 30 HEG:

§ 27 HEG sieht vor, dass vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen bewilligte konkrete einzelne Versorgungsleistungen der Heilfürsorge, orthopädischen Versorgung und Rehabilitation auch nach dem 1.7.2016 nach den bis 30.6.2016 geltenden Bestimmungen des HVG vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen durchzuführen sind. § 28 Abs. 1 HEG regelt, dass die sonstige unentgeltliche Heilfürsorge (§ 6 HVG) für die anerkannten Dienstbeschädigungen für den nach dem HVG anerkannten Personenkreis unter Berücksichtigung der §§ 8 bis 11 und 14 HVG und der darin normierten Zuständigkeiten ab 1.7.2016 gewahrt bleibt, somit in der Zuständigkeit des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen verbleibt. Gemäß § 28 Abs. 2 HEG bleibt erwerbsunfähigen Rentenbeziehern und Beziehern eines Erhöhungsbetrages gemäß § 23 Abs. 5 HVG ohne Anspruch aus der gesetzlichen Krankenversicherung zum 30.6.16 der Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge (§ 6 HVG) für alle Gesundheitsstörungen gewahrt, dies mit der Maßgabe, dass die akausalen gesetzes- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen übernommen werden (die kausalen von der AUVA).

Diese Regelungen zugunsten der Betroffenen werden ausdrücklich begrüßt. Angemerkt wird jedoch, dass es durch die weitere Zuständigkeit des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen und die damit vorliegende Doppelgleisigkeit mit erhöhten Verwaltungskosten zu rechnen ist. Es wird daher angeregt zu prüfen, ob die Zuständigkeit in diesen Fällen nicht - wie auch im § 30 HEG für die orthopädische Versorgung vorgesehen - auch von der AUVA übernommen werden könnte.

Präsident Mag. Michael Svoboda
Generalsekretärin Dr. Regina Baumgartl
Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich